A*Men / Angel Men von Mugler (2024)

Ich hatte eigentlich nicht vor, Parfums zu bewerten, von denen schon mehrere Dutzend Kommentare vorhanden sind. Meine Eindrücke von A*Men sind aber zu einem großen Teil konträr zu den hier bereits beschriebenen - vielleicht ist ein perspektivischer Kontrapunkt sogar ganz passend für einen Duft, der eigentlich gar nicht so leicht zu kategorisieren ist, wie es den Anschein hat.

Jeder hat "seine" Geschichte zu A*Men. Wenn jemand erzählt, dass er neulich bei Dougi war und über diesen netten Duft namens A*Men gestolpert ist, den er sich dann halt mal eben geholt hat, dann lügt er. Wenn man die Kommentare zu A*Men hier auch nur überfliegt, fallen zahlreiche Superlative auf, der Duft "übermannt", man muss sich auf "nie dagewesenes" einstellen, ein "Schlag ins Gesicht". *Das* sind authentische A*Men-Anekdoten.

Ich konnte diesen Duft zunächst einfach überhaupt nicht nachvollziehen. Üblicherweise teste ich beim Shoppen zunächst auf Papier, um dann zwei Endkandidaten für den Haut-Test auszusieben - A*Men flog trotz wiederholter Proben grundsätzlich in der ersten Runde raus. Ich stellte mir jedes Mal die Frage, welches arrogante Ungeheuer in Gottes Namen ausgerechnet so riechen möchte - ich vernahm lediglich die hinreichend beschriebene Teernote (mit einem metallischen Beigeschmack) und einen ziemlich daneben gewürzten Kaffee. Hinzu kam der ganze A*Men-Buzz um Pure Malt, Pure Havanne etc., der es mir nicht gerade leicht machte, Sympathie für das Haus Thierry Mugler zu empfinden.

Andererseits irritierte mich, dass so viele von mir geschätzte YouTube-reviewer A*Men regelmäßig lobten. Irgendwann kam ich mir vor, als hätte ich den Witz nicht kapiert. Und genau so war es auch.

Mittlerweile gehe ich an die Düfte von Thierry Mugler mit einer gewissen ironischen Distanz heran. Fast alle Düfte aus diesem Haus nutzen kräftige Farben und Kontraste, und damit werden keine Rembrandts gemalt, sondern Cartoons und Comics. Ich habe nach wie vor ein zwiespältiges Verhältnis zu Thierry Mugler, aber ich finde dennoch, dass TM zumindest in der Designer-Sparte der einzige Parfumeur ist, der konsequent modern ist. Es gibt mancherlei Anspielungen (Mugler Cologne!), aber selbst die erscheinen irgendwie... wie Science Fiction. Thierry Mugler spielt mit zahlreichen Verweisen, versucht sich sogar am Intimen und Vertrauten, aber mir ist noch kein Duft von ihm unter gekommen, der dafür ausgelatschte Pfade nutzt. Das geht zwar oft ziemlich schief, aber sympathisch finde ich das irgendwie doch.

Inzwischen finde ich sogar die in meiner Nase immer noch ziemliche scharfe Eröffnungsphase von A*Men angenehm. Die Minze musste ich erst mal verstehen, sie steppt zwar schon zu Beginn sehr prägnant auf die Bühne, findet aber erst zusammen mit den Herz- und Basisnoten zu ihrer Bestimmung. Überhaupt ist die erste halbe Stunde nach dem Aufsprühen ziemlich holterdipolter. So in etwa als ob es am späten Abend überraschend an der Tür klingelt und ein reichlich bekiffter Freund in die Wohnung stolpert. Aha, denkt man, der muss sich erst mal "finden".

Aber man kennt diesen Freund und lässt ihn trotz milder Bedenken auf der Wohnzimmercouch Platz nehmen. Es dauert bemerkenswert lang, bis sich der unerwartete und recht planlose Gast für ein Getränk entscheiden kann, irgendwann fällt die Wahl auf heiße Milch mit Honig. Um die Geistesgegenwart meines Freundes ein wenig zum schäumen zu bringen, bereite ich noch einen guten Kaffee zu, Monsooned Malabar, sehr kräftig mit einem feinem Aroma von kandierten Erdnüssen. Schwarz.

Beides wird hocherfreut angenommen und in alternierenden Schlücken goutiert, was mir zunächst merkwürdig, beim Selberprobieren dann aber erstaunlich nachvollziehbar und wohlschmeckend erscheint. Das Koffein tut seine Wirkung und der Freund beginnt zu erzählen. Er erzählt viel, denn niemand unterbricht ihn.

Die Duftpyramide von A*Men und viele Kommentare hier lassen auf einen überfrachteten und süßlichen Duft schließen, aber irgendwie kommt bei mir in der Nase etwas anderes an. Vielleicht setze ich auch einen anderen Fokus - klar: Honig, Vanille, Tonkabohne, Karamell, diese Noten bilden zweifellos einen wesentlichen Teil von A*Men, dennoch erscheint mir dieser Duft nicht ausgesprochen süß. Die Minze wird hier nur von wenigen erwähnt, für mich ist sie sogar ein Hauptakteur, denn sie bewahrt die anderen Noten mit ziemlicher Vehemenz davor, zu verkleben; dies meine ich im doppelten Sinne, denn trotz der thematischen Nähe der essbaren Noten zueinander bleiben diese für mich immer sehr klar differenzierbar - es macht Spaß, mit A*Men auf der Haut abwechselnd nach Kaffee und Honig zu fanden.

Zudem ist A*Men für mich ein ausgesprochener Patschuli-Duft. A*Men ist ein Gourmand, aber gerade in diesem Kontext erscheint mir dieser Duft ziemlich erdig und bisweilen sogar regelrecht dirty, und dies ist dem Patschuli zu verdanken. Insofern haben mich einige Kommentare hier etwas überrascht, denn die süßen Elemente stehen für mich gar nicht so sehr im Fokus. A*Men ist für mich keine wuchtige Aroma-Bombe, es sei denn, man dosiert es zu stark - kräftig, vielleicht sogar laut, aber kein Geschrei. Ich finde die Duftnoten exzellent gesetzt. Je mehr man über die Komposition von A*Men liest, desto komplizierter erscheint er - gerade das ist er aber nicht. Keine Note drängelt sich nach vorn, dennoch bleibt alles kontrastreich und differenziert. A*Men ist kein hektischer Duft, er ist laid back und, wie gesagt, ein wenig bekifft.

Leider verdient der Sprühkopf der "Rubber Spray"-Version eine kurze Erwähnung. Der ist absoluter Mist und eventuell dafür verantwortlich, dass man bisweilen von A*men überfordert wird (so mein Verdacht); drückt man den Sprühkopf unter der Gummiumantelung nicht perfekt, trifft die Haut an Stelle eines feinen Nebels ein Tröpfchenstrahl mit geringem Umfang, d.h. auf relativ kleinem Raum befindet sich viel Duft - A*Men kommt aber als Aura erst richtig zur Geltung, punktuelle Hotspots sollte man vermeiden. Auf YouTube gibt es sogar Anleitungen, wie man den Flakon so präpariert, dass man ihn vernünftig verwenden kann [http://www.youtube.com/watch?v=SZmrctom8OQ]. Erschwerend kommt hinzu, dass bereits drei Sprühstöße die maximale Dosis darstellen, um eine gute Verteilung des Dufts zu erlangen, muss man also regelrecht strategisch vorgehen.

A*Men ist schon ein ziemlich prägnanter Duft, aber er will bei allem Eigensinn niemanden überfordern. Ich empfinde ihn als entspannenden Wohlfühl-Duft mit kräftigem Verführer-Potential, durchaus orientalisch-maskulin, aber zu selbstironisch aufgelegt, um ein Macho zu sein. Negative Kommentare erhielt ich noch keine, wenn ich ihn trug. Bisweilen erntet er ein wenig Befremden ("Das soll ein Parfum sein?"), aber die meisten mögen ihn sogar sehr gern. Und das tue ich auch. Von Experimenten im Hochsommer würde ich trotzdem absehen. :D

Eine Sache noch: 1996, wtf?

A*Men / Angel Men von Mugler (2024)
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Author: Duane Harber

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